Der Bildband und die Ausstellung zeigen 63 Menschen, die sich in der DDR
für Frieden, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte eingesetzt haben.
Ihr Engagement machte den Mauerfall und die Friedliche Revolution von 1989
erst möglich. Das Projekt entstand in enger Zusammenarbeit mit der
Robert-Havemann-Gesellschaft und wurde vom Bundesministerium des Innern
und der Bundesstiftung Aufarbeitung gefördert.

Donnerstag, 28. Juli 2011


27.7.2011, Friederike Reinighaus schreibt in der evangelischen Wochenzeitung DIE KIRCHE ein kritische Würdigung über die Ausstellung "Das weibliche Gesicht der Revolution" im DDR Museum.
Hier ihr ganzer Artikel:


"Richtig heiß war es in diesem Sommer bisher selten. Aber am Abend des 19. Juli gerieten im Besucherzentrum des Berliner DDR-Museums nicht nur die Podiumsteilnehmerinnen ins Schwitzen. Die Veranstalter, die Robert-Havemann-Gesellschaft und das DDR-Museum, wunderten sich selbst über das große Interesse an der Veranstaltung mit dem verheißungsvollen Titel „Das weibliche Gesicht der Revolution“. So drängten sich die Gekommenen, um die drei Frauen Judith Braband, Maria Nooke und Marianne Birthler, die neben dem Fotografen Dirk Vogel auf dem Podium saßen, zu lauschen. Sie stellten sich den Fragen und Thesen des Moderators Bernd Florath.

Anlass zur Veranstaltung war der jüngst erschienene Bildband „Gesichter der Friedlichen Revolution“, in dem Dirk Vogel den einstigen Oppositionellen noch einmal ein Podium verschaffen wollte, nicht zuletzt um sie für das heutige bundesweite und spätgeborene Publikum festzuhalten. Insgesamt entstanden 63 Porträts sehr unterschiedlicher, teils bekannter, teils unbekannter Menschen, jeder von ihnen ein Mosaiksteinchen im Gesamtbild der Friedlichen Revolution.

Individuelle Fotografien

„Nur als meine Freundin das fertige Buch anschaute, bemängelte sie, wie wenig Frauen porträtiert wurden“, erklärte Vogel eröffnend. Dies sei ihm gar nicht aufgefallen. Er zählte nach und tatsächlich lag der Anteil der fotografierten Frauen nur bei einem Drittel. „Ich hätte schwören können, dass ich Männer und Frauen zu gleicher Zahl ausgewählt hatte. Scheinbar waren mir alle Frauen, die ich getroffen habe, so eindrücklich in Erinnerung, dass ich mich derartig verschätzt habe“, sagte der Fotograf. Nun bekommt Dirk Vogel die Gelegenheit, seinen Fauxpas wieder auszubügeln, denn die Robert-Havemann-Gesellschaft präsentiert die weiblichen Porträts der zum Buch gehörenden Wanderausstellung noch bis Ende August im Besucherzentrum des DDR-Museums.

Die Hommage an die Frauen ist wunderschön

Die Hommage an die Frauen ist wunderschön. Dem Dortmunder Fotografen ist es gelungen, jede einzelne von ihnen zu umschmeicheln und dabei individuell in ihrer Umgebung festzuhalten. Die Debatte, ob die Revolution ein weibliches Gesicht hatte oder nicht, kam allerdings nicht richtig in Fahrt. Der Historiker und Moderator des Abends, Bernd Florath, hatte es nicht leicht. Vor ihm saßen drei starke Frauen, die sich in dem Punkt einig waren, dass diese Frage so nicht zu beantworten sei. Aber sie erzählten von damals und zwar aus ihrer weiblichen Sicht. Für Judith Braband, die 1990 für die Vereinigte Linke am Runden Tisch saß, spielte zur Zeit der Friedlichen Revolution die  Geschlechterfrage eine Rolle. Es gab sogar eine spezielle Frauengruppe bei der Vereinigten Linken, die sich allerdings nicht nur mit frauenspezifischen Themen auseinandersetzte.
Die ehemalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, gab zu, dass für sie die Frauenfrage damals nicht im Vordergrund stand. Nicht, dass es ihr nicht wichtig gewesen wäre, aber auf dem Weg zur Wiedervereinigung empfand sie viele Diskussionen um Themen, die ausschließlich Frauen betrafen, ermüdend. „West- und Ostfrauen saßen damals stundenlang da und hielten sich gegenseitig vor, wie rückständig sie doch seien.“ Maria Nooke, die heute die stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte Berliner Mauer ist, betonte, dass eine Aufspaltung der oppositionellen Kreise in Frauengruppen in der Provinz nicht denkbar gewesen wäre. „Auf diese Weise hätte man unnötig Kapazitäten verloren“, erklärt sie. „Es ist mit Sicherheit spannend, die Rolle der Frau in der DDR allgemein, aber auch innerhalb der Opposition, zu analysieren. Auch die verschiedenen Handlungsweisen von Frauen und Männern waren deutlich spürbar. Aber als explizit weiblich würde ich die Revolution nicht bezeichnen.“
Insgesamt zeigte die Veranstaltung, dass die sogenannte Genderdebatte auf enormes Interesse stößt. Allerdings scheint die Zeit, eine so spezielle Frage zu erörtern, noch nicht reif genug zu sein. Allen Interessierten sei empfohlen, die ausdrucksstarken Frauen im Buch oder in der Ausstellung zu bewundern und zu staunen wie mutig jede einzelne von ihnen bis zum Mauerfall und darüber hinaus."

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